Volkstrauertag 2015. Zeitungen schreiben vom „Weltkrieg“. Facebook-Freunde grundieren Profilbilder in Trikolore. Aus Paris zieht ein Ge-Twitter herauf. Terroristische Gewalt hat unsere Nachbarn getroffen und wir fühlen uns mit angegriffen. Hoffen wir auf eine wehrhafte Mediendemokratie.
„Je suis… ja was eigentlich?“ hatte ich vor zehn Monaten meinen Post zum Überfall auf Charlie Hebdo überschrieben. Angesichts der brutalen Attacke auf Menschen und einer überwältigenden Medien-Resonanz. Die Verunsicherung steigert sich jetzt, wohl nicht nur bei mir. Noch mehr Schreckensbilder, noch mehr Informationsbruchteile. Dabei übertrifft die Zahl der offenen Fragen drastisch die der seriösen Antworten.
Das hat wohl Comedian Jan Böhmermann am besten auf den Punkt gebracht:
Der Kampf gegen Terror ist ein Zweifronten-Krieg gegen äußere Feinde und innere Ängste. Geführt mit Kanonen und Kommunikation. Medien verstärken die Wirkung der Waffen ins Unfassbare.
Das Prinzip: Einige trifft es grausam konkret und alle anderen spüren den Terror in der Timeline sozialer und etablierter Medien. Unsere Öffentlichkeit ist in Aufruhr. Während die einen demokratische Öffentlichkeit herstellen, wollen die anderen genau diese (zer-) stören.
Sind wir für diese Auseinandersetzung um Grundwerte gerüstet? Als wehrhafte Mediendemokratie?
Bedingt abwehrbereit, würde ich sagen.
Ja, wir verfügen heutzutage über enorm leistungsfähige Plattformen. Aber die gemeinsame Basis für Dialog sehe ich darin noch nicht. Allzu oft entstehen nur Rückzugsräume zur Vorbereitung der nächsten Verbal-Attacke.
Sicher, es werden unzählbar viele Worte gemacht. (Bitte lesen Sie weiter!) Nur kommt uns zunehmend die verbindende Sprache abhanden. Weil hauptsächlich darum gerungen wird, wer über diese oder jenes dies oder das so oder so sagen können darf.
Klar, wir verfügen über Echtzeit-Berichterstattung und Echtzeit-Berichterstattungs-Berichterstattung. Aber das Verständnis für die Fehleranfälligkeit des publizistischen Blitzkrieges, für die Grenzen des aktuell Machbaren, schwindet ständig. Mehr dazu hier beim Blogger Udo Stiehl.
Unsere Freiheit würde auch am Hindukusch verteidigt, meinte einst ein Verteidigungsminister. Dies scheint nicht so recht gelungen zu sein. Jetzt kommen die mörderischen Anschläge immer dichter. Vor allem werden die medialen Eindrücke immer aufdringlicher. Das globale Dorf, nicht so harmlos wie es klingt.
Ich denke viel über Generationswandel nach und über die Frage, was die Schicksalsthemen der nachrückenden Generation sein könnten. Immer wieder lande ich da bei: Integration und Kommunikation. Es wird darum gehen, eine gemeinsame Sprache für unser aller Zusammenleben zu finden.
Fehlen uns die richtigen Worte, werden uns auch bald die Werte abhandenkommen.
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