Mitmischen auf der Medien-Meta-Ebene

Times Change (Quelle: Wikimedia)

Times Change (Quelle: Wikimedia)

Einiges los derzeit auf der Medien-Meta-Ebene. Die übrigens ein durchaus ein spannender Ort ist. Echt jetzt. Oder: Jetzt erst recht. „Digital Native Journalisten“, „Krautreporter“, „Recht auf Vergessen“  und der„New-York-Times-Innovationsreport“ –das sind aktuelle, branchen-interne Themen, bei denen die Diskussionen drum herum zum eigentlichen Ereignis werden und die Kommentatoren vom Rand in die Mittel rücken. Der Strukturwandel der Medien in öffentlicher Verhandlung. Eine kommentierende Bitte um Aufmerksamkeit.

Obwohl schon von mir abgehandelt, sei der provokative Post auf Lousy Pennies zur angeblich berufsschädigenden Social Media-Muffelligkeit des journalistischen Nachwuchses hier noch einmal erwähnt. Weil er sich in sehr aufschlussreichen Kommentaren sowie „viral“ fast wie ein perpetuum mobile weiter bewegt hat. So schnell gehen Generationskonflikte wohl nicht vorbei. Selbst heutzutage…

Tja – und über das Urteil zum Recht auf Gelöscht-werden bei Google könnte man lange philosophieren. Zum Beispiel über unsere Gefangenschaft im datendigitalen Lebensstil. Stattdessen verweise ich aber lieber auf einen brillant gemachten Beitrag auf SZ-Digital, der gleichzeitig Schrecken verbreitet und Hoffnung macht. Bange wird einem angesichts der vermeintlichen Alternativlosigkeit der Suchmaschinen-Welt. Für die Hoffnung jedoch sorgen Autoren wie Hakan Tanriverdi, die einfach etwas auf dem Kasten haben, was Algorithmen-Kisten nie lernen werden.

Die Krautreporter machen ernst und meinen es ernst: mit dem eigenen Modell für guten, unabhängigen Journalismus. Dieser Versuch, das Rad wieder einmal – jetzt noch wesentlich runder – neu zu erfinden, hat als Einzeltat Chancen. Die Beteiligten sind publizistisch leistungsfähig und sozial reputiert genug, um eine zahlungskräftige „Salon-Öffentlichkeit“ herzustellen. Wie Dirk von Gehlen jetzt noch einmal mit Blick auf sein eigenes Crowd-Funding-Projekt gezeigt hat, lohnt sich die Arbeit für dieses aktive Publikum.

Das Projekt Krautreporter ist letztlich in einem konstruktiven Sinne elitär, denn die Allgemeinheit kann von diesem Ansatz profitieren. Wie? Durch ein paar gute, andere Geschichten, die sonst nicht erzählt würden. Vor allem aber durch den Lösungsdruck, den ein solches Vorbild auf die Etablierten ausübt. Meine Motivation, ab und an Crowdfunding zu unterstützen, liegt in genau diesen Impulsen. Dabei hoffe ich, dass die Effekte irgendwann auch den medialen Mainstream in bessere Bahnen lenken.

Andererseits konfrontieren sich die Krautreporter nun am eigenen Leibe mit den hochanspruchsvollen Maßstäben einer Klientel, die sie bislang eher zu repräsentieren gewohnt waren. Wie wird sich künftig das Verhältnis zur eigenen „Crowd“ entwickeln? Wie weit werden die inhaltliche Unabhängigkeit und die materielle Sicherheit reichen? Mir altem Skeptiker scheint eine piratenparteihafte Ernüchterung beim Vorhaben, mehr Journalismus zu wagen, auf Dauer unvermeidlich. Wer in die Diskussionen hineinliest, findet dafür auch Anhaltspunkte. Aber altväterjournalistisch abhaken sollte das neue Plattform keiner.

Der „geleakte“, also wie auch immer gezielt gestreute Innovations-Frustrations-Report der New York Times wird inzwischen zum „historischen Dokument“, zum Manifest des Digitalzeitalters, hochgeraunt. Möglicherweise ist mein Englisch zu schlecht, um die vielen Facetten dieses Vorgangs schon jetzt verarbeitet zu haben. Entlassung einer Chefredakteurin, Sorge vor der Klick-Konkurrenz und der Appell “Digital first and faster“ – wie das wohl genau zusammenhängt? Jedenfalls hat man sich gut ins Gespräch gebracht.

Weil es um die NYT geht, also eine Hoffnungsträgerin der Online-Publizistik („Snow Fall“), könnte man angesichts deren nun bekannt gewordenen Probleme im eigenen Newsroom denken: Hier funkt ein Leuchtturm SOS. Andererseits kommen mir menschliche Schwierigkeiten, konzeptionelle Unsicherheiten und verlegerische Ungeduld so banal normal vor in diesem irren Change. Allerdings auf einem atemberaubenden Level. Für die Lektüre werde ich mir Zeit lassen. Wer abkürzen will, findet aber schon jede Menge Frei-Deuter.

Immer mehr zeigt sich, wie die Liquid Modernity, die flüssige Moderne, vieles, vielleicht alles bislang Verfestigte auflöst. Beim Versuch, ein paar Linien ins Wasser zu ziehen, erleben wir derzeit  spannende Debatten. Den Snowden-Schock und die digitale Kränkung überwinden. Dabei geht es nicht nur technische Tools oder ökonomische Start Ups. Sondern um die inhaltlichen Möglichkeiten der Kommunikation und der Kommunikatoren in dieser Gesellschaft.

Deshalb lohnen sich die Mühen der medialen Meta-Ebene.

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