Heute versuche ich mich kurz zu fassen. Weil das vermutlich sowieso manchmal besser ist, aber auch wegen der Fülle an Texten, die in der Branchen-Blase zum Thema Krautreporter kursieren. So viele Medienmenschen gucken derzeit auf dieses Modell eines schwarmfinanzierten Journalismus. Vermutlich sehen wir alle darin so etwas wie eine Arche Noah, in der alle publizistischen Werte – oder die wertvollsten Publizisten – durch die aufgewühlte digitale See in die vernetzte Zukunft geschippert werden.
Zu dem Projekt gibt es natürlich eine ganze Menge zu sagen. Auch kritisches. Die Spannung war jedenfalls groß vor dem heutigen Start: An dieser Erwartungslast sind die Alpha-Journalisten (sowie die wenigen Alpha-Journalistinnen des Teams) nicht unschuldig. Hier agiert immerhin eine Redaktion mit dem unbescheidenen Anspruch, sie wolle „Journalismus im Netz ermöglichen“. Nun wartet natürlich alle Welt darauf, wie der wohl aussieht.
Aber nun zu meinem ersten Eindruck in der denkbar komprimiertesten Fassung: „!?“.
Denn vom Inhalt bin ich recht angetan. Daher das Ausrufezeichen. Breites Themenspektrum, starke Texte, interessantes Hintergrund-Material. Keine Werbung. Gute Aussichten auf mehr. Besonders gefreut habe ich mich über den ehrenrettenden Artikel von Stefan Niggemeier zu Udo Ulfkottes Buch „Gekaufte Journalisten“ (Ehrenrettung für die von Ulfkotte Beschimpften). Wobei die Karikatur dazu einen großen Ausschlag für meine Freude gegeben hat.
Hinter das Modell dieser Krautreporter-„Community“ setze ich nach wie vor ein Fragezeichen. Mich bewegt bei diesem Experiment vor allem der Zweifel, ob hier einfach eine ganze Berufsgruppe ihre Zukunftssorge, ihren Gegenwartsfrust und ihre Journalismus-Romantik zusammen nimmt und auf ein Projekt projiziert. Und ihren Edelsten ein schönes Experiment spendiert. Anders formuliert: Taugt die Crowd dafür, die zusammenbrechende Medienorganisationen, vor allem Zeitungsverlage, durch eine Internet-affine Konstruktion zu ersetzen?
Originell ist es ja: Mitreden – also zum Beispiel kommentieren – können hier nur zahlende Mitglieder. Dadurch entsteht etwas, was verschiedentlich als „Salon-Öffentlichkeit“ bezeichnet wird. Eine spannende Entwicklung des Internet-Zeitalters, das „aktives Publikum“. Nur: Wer sind die? Wie beeinflusst diese digitale Elite die die Berichterstattung? Sorgen die Kommentare der eigenen Crowd für besseren, unabhängigeren Journalismus als die Reaktionen eines Massenpublikums, gemessen in Quoten und Klicks?
Ob nun das Ausrufezeichen oder das Fragezeichen – beides zeigt mir, wie wertvoll, wie notwendig so ein riskantes Unterfangen genau jetzt ist. Wenn es gut läuft, zwingen die Krautreporter(innen) unserer Gesellschaft eine Debatte um die Zukunft ihrer professionell vermittelten Kommunikation auf. Schon allein dafür hätte sich das Pilotprojekt gelohnt.
Welchen Journalismus wollen wir (uns) in Zukunft leisten? Das ist im doppelten Sinne die Preisfrage.
Übrigens: Viel Erfolg, KR!?
[…] die “Krautreporter” sehen wir Medienleute ebenfalls besonders genau. Immerhin riskieren sie etwas: Mindestens […]