Deutsche Krautreporter und Web-Giganten– alle suchen sie nach der Zukunft des Journalismus. Auf recht unterschiedlichen Wegen. Liegt die Lösung in einem schlagenden Geschäftsmodell oder auf einer technischen Plattform? Auch, aber die künftige Medienlandschaft besteht nicht nur aus Märkten oder Maschinen, sondern vor allem aus Menschen. Jetzt beginnen journalistische Generationen zu definieren, wer sie sind und wer sie sein wollen. Hier mein Dank für den Anstoß einer fälligen Debatte über „Digital Natives“.
Immerhin schon seit Sonntag hält sich eine sehr muntere Diskussion, ausgelöst vom Lousy-Pennies-Blogger Karsten Lohmeyer: „Ich dachte, diese Jungjournalisten wären Digital Natives. Doch es war nur ein Märchen…“Eine launige, suchmaschinenoptimierte Polemik („Rant“) gegen den Branchen-Nachwuchs, der Social Media zu sehr privat und zu wenig beruflich einsetzt. Junge Menschen, die nicht mal wüssten, wie wichtig zum Beispiel ein „Klout Score2 als Messwert für die Selbstvermarktung im Netz sei. Oje.
Mit meinem Klout Score stimmt sowieso etwas nicht, denn meine Einladung zur Generationen-Diskussion im Journalismus traf jüngst doch auf eher verhaltene Reaktion. Egal – auf das Thema kommt es an. Und der Post auf Lousy Pennies hat einiges von meinen Hoffnungen eingelöst, an Traffic, Thermik und Kommentaren. Zustimmung und Contra. Sogar sehr klug abgewogenes. Hat man nicht oft.
Da besteht offensichtlich Gesprächsbedarf zwischen den Generationen. Somit öffnet sich eine Perspektive der Diskussion, aus der sich der digitale Medienwandel spannend erzählen lässt, wie ich finde. Dazu ein paar grobe Thesen. Wir stehen ja noch am Anfang.
Nennt es wie ihr wollt –Wandel ist Generationenwechsel.
War er immer schon. Deshalb kommt einem diese Debatte vermutlich auch so bekannt vor. Immer wieder denken die Alten: „Die heutige Jugend ist auch nicht mehr das, was sie mal war.“ Wie enttäuschend – da vernetzt man ihnen die Welt und sie nutzt es nur als Spielzeug statt als journalistisches Tool.
Digital Native und Digital naiv geht durchaus zusammen
Der Begriff „Digital Native“ sorgt regelmäßig für Missverständnisse und Verdruss. Denn mit digitalen Geräten und Social Media aufgewachsen zu sein, heißt weder, besonders gut damit klarzukommen noch sie besonders toll zu finden. Trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass es einen bedeutenden Unterschied macht, in welcher Lebensphase man wie medial „geprägt“ wird. Ob einem der digitalerLebensstil als junger Mensch selbstverständlich wird oder ob man sich als älterer damit auseinandersetzt, ja vielleicht sogar daran mit entwickelt. Hinreichend wissenschaftlich untersucht ist das leider noch nicht.
„Journalism is not narcicissm“
Ein Kennzeichen der Gegenwart ist die ständige Betonung des Selbst im Web. Bei all dem empfohlenen Aufwand, sein journalistisches Ego zu entwickeln, zu pflegen und zu kommunizieren, könnte das „Kerngeschäft“ leiden: Geschichten der anderen den anderen zu erzählen. Für mich nach wie vor eine wesentliche Rollen-Anforderung an den Beruf. Das Zitat „Journalismus ist kein Narzißmus“ entstammt einem Post, der sich, in etwas anderem Kontext, mit derlei Sorgen beschäftigt.
Patent-Rezepte gibt es (noch) nicht
Natürlich gibt Karsten Lohmeyer einen wertvollen Anstoß (Tritt), wenn er dem journalistischen Nachwuchs dringend rät, sich für den professionellen Social Media-Einsatz zu interessieren. Aber die künftigen Reporterinnen und Reporter werden halt das ihre daraus machen. Was auch ihr gutes Recht ist. Selbst wenn einige die diversen Tools weiter beharrlich ignorieren.
Nicht nur dass keiner die Zukunft kennen kann. Es passt auch nicht jede Lösung für jede Situation oder Person. Insofern kommt die Vernetzung dieser Welt manchmal leider auch als Gleichschaltung daher. Einstellungsvoraussetzungen: Führerschein Klasse 3 und Xing-Profil. Genau das kann und soll ein freiheitlicher Journalismus aber nicht sein – normierter Zugang. Vielfalt, Besonderheit, Verschrobenheit und Unberechenbarkeit gehören zu einer lebenswerten Welt. Da machen die Medienberufe keine Ausnahme.
Das Geschäftsmodell im Medien-Business, das im Internet derzeit noch am besten funktioniert (außer das von Google), ist Consulting. Berater, die anderen empfehlen, wie sie ihr Geschäftsmodell im Web entwickeln sollen. So war denn auch der Post von Karsten Lohmeyer ein voller Erfolg für seine Online-Reputation. Dies sei ihm aber wirklich gegönnt.
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