Fluchtgedanke: Ein Integrationskanal

Kommen, Kommunizieren (Quelle: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0)

Kommen, Kommunizieren (Quelle: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0)

(Achtung. kleines „CSU-Update“ am Ende!) Dieser Tage macht sich ja jeder so seine Gedanken über, na klar, Flüchtlinge. Was tun? Als Mensch. Als Bürger. Als Journalist. Ich erinnere mich an eine Idee von gestern. Wäre sie umgesetzt worden, wären wir wenigstens medial besser vorbereitet gewesen. Und hätten einen bundesweiten „Integrationskanal“.

Der damalige Bürgermeister Henning Scherf schlug 2004 genau einen solchen öffentlich-rechtlichen Fernsehspartensender vor. Radio Bremen sollte dieses bundesweite Gemeinschaftsangebot betreiben, im Aufrag von ARD und vielleicht ZDF. Ungerechter Weise wurde dies schnell als föderale Selbstsucht abgetan, als reiner Rettungsversuch für den Heimatsender.

Neben dem üblichen standortpolitischen Eigennutz, bewegte die bremischen Landespolitiker aber durchaus die kulturelle und sprachliche Integration von Menschen mit Migrations-Hintergrund. Auch in einem kleinen Stadtstadt war dies ein wichtiges Thema.

Nicht nur um Multikulti sollte es dabei gehen, sondern ebenso um Sprachkurse oder Erklär-Stücke zum Behördengang. In das Projekt ist einiger gedanklicher Aufwand geflossen, hauptsächlich im kleinen Bremen. Aber die Deutsche Welle hätte mit geholfen, der WDR war zunächst jedenfalls nicht abgeneigt. Gereicht hat es am Ende aber nicht für so ein Gebühren-Großprojekt. Weder in der ARD noch in der Bundespolitik.

Der „Integrationskanal“ kam mindestens zur Unzeit. Manche wollten auf keinen Fall noch ein öffentlich-rechtliches Angebot, andere lieber einen Jugendkanal. Die meisten ihre Ruhe.

Der entscheidende inhaltliche Einwand hieß Mainstream-Diversity. Statt ein mediales Ghetto zu errichten, sollten Themen und Menschen mit Migrationshintergrund besser in die vorhandenen Programme integriert werden. Ingo Zamperoni und Golineh Atai machen aus jedem Informations-Programm einen Integrationskanal. Damals durchaus logisch.

Heute sehe ich das in einem anderen Licht: Angesichts Hundertausender Neuankömmlinge lautet die Aufgabe der Medien nicht mehr, diese Menschen zur Tagesschau oder in die Tagesthemen zu locken. Sondern sie mit dieser Sprache, mit dieser Gesellschaft vertraut zu machen. Ganz speziell sie. Ein eigenes, möglichst auf verschiedene Herkunftsmilieus abgestimmtes Angebot.

Sprachkurse und Behörden-Tutorials – vor zehn Jahren klang das angestaubt obrigkeitlich, heute wirkt es visionär. Gut: „Hätte, hätte, Fahrradkette“, wie Peer Steinbrück zu sagen pflegte, der es auch irgendwie nicht geschafft hat.

Es gibt nun keinen Integrationskanal. ARD und Deutsche Welle versuchen sich nun immerhin an schnell ersonnenen Kooperationsprojekten. Sicher eine gute Initiative, bei der man zügig handeln will, auch improvisiert.

Denn die technisch vermittelte Kommunikation wird eine Schlüsselrolle spielen beim Umbau dieser Gesellschaft. In der Tat haben ja sehr viele Flüchtlinge ein Smartphone. Was könnten Refugees-Apps wie diese nicht alles ermöglichen? Ein Gesamtplan und ein ausführendes Kompetenzzentrum wären doch ganz schön.

Die öffentliche Aufgabe der Integration ist auch eine mediale. Und bislang ungelöst. Denke ich.

UPDATE 1.10.2015: Zumindest die Diskussion kommt in Gang: Inwieweit Integration von Flüchtlingen eine mediale Aufgabe ist und eine journalistische sein darf, wurde gerade von der Sendung ZAPP im NDR /Radio Bremen-Fernsehen aufgearbeitet.

UPDATE II, 21.10.2015: Fünf Minuten, immerhin: „Refugee Radio“

UPDATE III 22.10.2015: Nun hat CSU-Generalsekretär Scheuer die Idee sozusagen als Leitkulturkanal adaptiert. Der wäre allerdings eher eine Erziehungsanstalt öffentlichen Rechts. Moderner käme da schon eine „Welcome App“ daher. Statt eines Integrationssenders bauen ARD und ZDF jedenfalls ihr Online-Angebot für Flüchtlinge aus,  wie hier zu besichtigen ist. Breite Kommunikation bildet die Basis für gelungene Integrati0n.  Preisfragen: Welcher Inhalt kommt auf welchem Weg zu den Nutzern? Schaffen wir schon ?

 

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