Wir Journalistinnen un d Journalisten regen uns (und andere) immer so leicht auf. Vor allem, wenn es um die eigene Sache geht. Dafür gibt es derzeit auch genügend Anlass, denn das Vertrauen der Gesellschaft in ihre Medien sinkt. Stimmungsbilder wie die Umfrage des NDR-Medienmagazins ZAPP bieten sowohl Grund zur Selbstreflexion als auch eine glänzende Gelegenheit, die Nerven zu behalten. Also ruuuuhig aufregen.
An und für sich
Die Hoffnung hier: "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen."
Wir müssen alle dran glauben
Ja, diese Überschrift ist zweideutig. Vielleicht auch ein bisschen zynisch. Und ja, die Entscheidung über die richtige Lesart mögen bitte Sie fällen. Mein Thema ist die ersatzreligöse Debatte um das rechte Verhältnis zur Medienzukunft. Dieser ständige Wesenstest: Bist Du für Google oder gegen SPIEGEL 3.0? Glaubst Du an die Segnungen der digital vernetzten Zukunft oder ans Journalisten-Sterben? Es ist bald Weihnachten, kommen wir zur Besinnung!
Medien 2014: Ungeduld und Enttäuschung
Mir wird gerade ganz bilanziell. Wo doch zur tagtäglichen Journalismus-Krisenlektüre schon länger das komplette Weihnachtskeks-Sortiment zur Verfügung steht. Also: 2014 war für die Medien-Branche ein aufregendes Jahr der Enttäuschung und der Ungeduld. Das Prinzip Bangen und Hoffen hält den Zukunftsmotor weiter zuverlässig am Laufen. Wohin auch immer.
Erhebliche Zweifel: Journalisten-Kritik
Ob Ukraine-Krise oder GdL-Streik, Putin oder Weselsky, keine bedeutende öffentliche Debatte mehr, die nicht irgendwann zu einer heftigen Journalisten-Schelte „im Netz“ führt. Einseitig, steuernd oder gesteuert sei die veröffentlichte Meinung hierzulande, vermuten Blogger und Kommentatoren. Sicher, ein uralter Vorwurf. Aber die digitale Verstärkungsmaschine fordert unerbittlich Rechenschaft. Also will ich mich der Frage zu stellen: Lügen wir alle wie gedruckt?
Gatekeeper an der Schock-Schleuse
Betrachten wir es mal zynisch: Wenn heutzutage Journalismus schon nichts bringt, dann kann er ja vielleicht wenigstens etwas verhindern. Etwa: Schock-Bilder von Geköpften und Gequälten wegfiltern. Denn über die neuen digitalen Netzwege schleusen gut gedrillte Propaganda-Kämpfer große Mengen abstoßendsten Inhalts auf unsere Time-Lines bei Facebook oder Twitter. Die neue Blut-Flut schürt eine überraschende Sehnsucht nach einem journalistischen Rollenmodell alter Schule: Schleusenwärter (Gatekeeper).
Das Problem ist das Problem
Ich lasse es einfach mal raus: Aaargh. Denn mich ärgern solche Sätze: „Das Problem heißt nicht `Spiegel 3.0´ – das Problem heißt Wolfgang Büchner„. Alles beides falsch, womit ich mir kein Urteil im Spiegel-Hauskrach anmaße. Aber wir sollten nicht ständig Probleme und Lösung(sversuche) durcheinander diskutieren. Bloß weil es so einfach ist. Ist es nicht.
Carta – Aufbruch, Umbruch, Abbruch
Die digitale Revolution hat offenbar einen besonderen Appetit: Metaphorisch betrachtet, frisst sie nicht ihre Kinder, sondern eher ihre Mütter und Väter. Vera Bunse und Wolfgang Michal bildeten bis vor kurzem die erfahrene Redaktion des renommierten Debatten-Portals Carta.info. Nach ihrem Abschied im Streit bleibt der Eindruck: Journalismus „alter Schule“ hat erhebliche Schwierigkeiten, sich der neuen Medienwelt anzupassen. Ob nun bei Carta, beim Spiegel oder sonstwo.
Jung zu naiv?
Ungewöhnlich – Ein Journalist, der bewusst ganz nah herangeht, distanziert sich auf einmal. Grimme-Online-Preisträger Tilo Jung wendet sich per Blogpost von seinem Interviewgast bei „Jung & Naiv“, Martin Lejeune, ab. Weil der die Hamas auch dann noch sehr gut versteht, wenn sie mutmaßliche Kollaborateure hinrichtet. Reift oder scheitert da gerade ein Stück Journalismus neuer Generation?
Medien.Macht.Kampf
Worte dieser Wochen: Macht. Kampf. Sie prägen die vielen täglichen Kriegsnachrichten und so manche Berichte von der Medienfront. Exemplarisch: Spiegel-Chefredakteurs Wolfgang Büchner ringt mit großen Teilen seiner Redaktion um die digitale Zukunft. Blut floss zwar nicht, aber Opfer wird es geben, strukturell und personell. Geht es in diesem modellhaften Kampf doch um einiges, nicht zuletzt um die Regeln im Spiel um die Macht im Journalismus.
Digitale Zivilcourage
Wir müssen reden. Übers Reden. Vielmehr: schreiben übers Schreiben. Mindestens dieses eine Mal noch. Denn die Aggression in der Kommunikation gehört derzeit zu den wichtigsten Themen des digitalen Wandels. In dieser Woche haben die Blogger Dirk von Gehlen und Jeff Jarvis mediale „Streitkultur“ eindringlich thematisiert. Das Problem drängt und die Lösung sind wir alle.